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Unternehmensnachfolge durch Frauen

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die knapp 99 % der deutschen Unternehmenslandschaft ausmachen, haben immer mehr Schwierigkeiten ihre Nachfolge sicherzustellen. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist eine gesicherte Nachfolge jedoch existenziell. Denn KMU erwirtschaften 48 % der Umsätze und stellen 58 % der Arbeitsplätze im Land (Vgl. bga Nr. 38| 2015).

Nach Berechnungen des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn standen bis zum Jahr 2022 rund 150.000 Unternehmen vor der Übergabe. Davon bundesweit betroffen: rund 2,4 Millionen Arbeitsplätze. Allein in OWL suchen nach Angaben der Plattform www.nexxt-change.org derzeit mindestens 130 Unternehmen eine geeignete Nachfolge. Aus dem DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2022 geht zusätzlich hervor, dass 46 % der Senior-Unternehmerinnen und -Unternehmer keine passende Nachfolge finden. Als Folge droht der Verlust wertvoller Umsätze und Arbeitsplätze.

Laut der bundesweiten Gründerinnenagentur spielen Frauen bei der Übergabe mit einem Anteil von rund 20 % bislang eine untergeordnete Rolle. Dabei sucht ein Drittel der Frauen mit Führungserfahrung nach einem Weg in die Selbständigkeit.

Die übergabebereiten Unternehmen werden immer stärker das weibliche Unternehmerinnenpotenzial ansprechen müssen, um ihre etablierten Wirtschaftsstrukturen auch künftig aufrechterhalten zu können. Besonders für Managerinnen 50plus mit viel Berufserfahrung und Fachkompetenzen kann eine Nachfolge eine lohnenswerte Alternative zu einer Neugründung sein.

► Weitere Informationen finden Sie in unserer Broschüre Entwicklungs- und Aufstiegsmanagement für weibliche Nachwuchstalente.

Portraits Unternehmensnachfolgerinnen aus OWL

Das Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL stellt im Rahmen des Gründungsprojektes erfolgreiche Unternehmensnachfolgerinnen aus OWL vor. Hier gelangen Sie zu den Portraits von:

„Man weiß nie was die Zukunft bringt.“ Vor rund zwanzig Jahren übernahm die zweifache Mutter und Druckformherstellermeisterin Inken Beckmann die traditionsreiche Druckerei Matz in Bielefeld. Sie hatte hier zuvor bereits 10 Jahre lang in dem von ihrer Mutter geführten Familienbetrieb als Betriebsleiterin gearbeitet. „Es war eine fließende Übernahme“, schildert sie den Ablauf der Übernahme. Auf dem Weg dorthin hat sie sich nicht nur von der Handwerkskammer als „neutraler Instanz“, wie sie sagt, gut beraten gefühlt. Auch die damalige Steuerberaterin ihrer Mutter sowie die Steuerberaterin von Inken Beckmann selbst begleiteten den Prozess optimal. Die Zusammenarbeit aller Beteiligten im Übernahmeprozess funktionierte reibungslos.

Die Übernahme ließ sich von der Idee an innerhalb eines Jahres realisieren. Im Jahr 2001 übernahm die Meisterin den Handwerksbetrieb schließlich, als ihre Mutter in den Ruhestand ging. Dabei machte sie sich damals trotzdem Sorgen, vor allem um die finanziellen Aspekte. „Mein Mann und ich hatten kurz zuvor erst ein Haus gekauft, dann stand die Firmenübernahme an und ich wurde schwanger“, erinnert sie sich. Doch sie erhielt große Unterstützung von ihrer Familie und auch die vertrauensvolle Beziehung zu ihrer Steuerberaterin machte ihr Mut. So fühlte Inken Beckmann sich gut gerüstet, um Selbständigkeit und Familie unter einen Hut zu bringen.

Nun führt sie den Familienbetrieb seit 2001 mit großem Erfolg fort. Die Druckformherstellermeisterin findet dabei viel Motivation in ihrer Arbeit selbst. „Ich bin angetrieben vom Handwerk an sich, der Faszination von Druck und Papier, der kreativen Möglichkeiten. Ich liebe es Papier zu fühlen, zu sehen und den Druck zu riechen“, beschreibt sie einprägsam ihren Berufsalltag, der für sie auch Leidenschaft ist.

Als eingetragene Kauffrau beschäftigt Inken Beckmann drei Angestellte. Gemeinsam sorgen sie und ihr Team für die erfolgreiche Umsetzung von Ideen und für eine gute Zusammenarbeit mit der Kundschaft. Inken Beckmann führt die traditionsreiche Druckerei sehr erfolgreich, wie die lange Etablierung am Markt zeigt. Dabei setzt die erfahrene Handwerkerin vor allem auf Vertrauen: „Eine Übernahme oder der Schritt in die Selbständigkeit erfordert Vertrauen in die eigene Leistung, aber auch in das Urteil von Menschen, die hinter einem stehen“, erklärt sie. Dieses Vertrauen ist ihr über die Jahre geblieben.

Die erfahrene Handwerksmeisterin rät angehenden Nachfolgerinnen, sich im Vorfeld gründlich beraten zu lassen und ruhig mehrere Meinungen einzuholen.

Für Inken Beckmann war es vor rund 20 Jahren die richtige Entscheidung den Betrieb zu übernehmen. „Allerdings war die rasante digitale Entwicklung in dem Maße noch nicht vorhersehbar. Man weiß nie was die Zukunft bringt.“ Und trotzdem bleibt sie am Markt bestehen, nicht nur wegen ihrer kreativen Ideen und Lösungen für Ihre Kundinnen und Kunden, sondern ganz sicher auch wegen der Begeisterung, die sie für ihr Handwerk bis heute aufbringt. Eine langandauernde Erfolgsgeschichte weiblicher Nachfolge in Bielefeld.

Das Interview führte Anna-Lena Lütke-Börding vom Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL anlässlich des Nationalen Aktionstags zur Unternehmensnachfolge durch Frauen am 21. Juni 2020. 

Info: Die heimischen Wirtschaftsförderungen, sowie die Startercenter der Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammer in Ostwestfalen sind wichtige Ratgeber in Prozessen der Gründung und Übernahme. Sie stehen allen Bürgerinnen und Bürgern kostenlos zur Verfügung.

Seit der Übernahme ist das Geschäft 'meins'“. Zum 1. Januar 2020 übernahm die gelernte Buchhändlerin Silke Speckmann im beschaulichen Halle Westf. die alteingesessene Buchhandlung „Bunselmeyer“ und führt sie seitdem als „Bücher und Geschenke Speckmann“ fort. Fünf Jahre hatte die Mutter von Zwillingen hier bereits gearbeitet und das Unternehmen, die Kolleginnen und die Kundschaft kennen und schätzen gelernt. Dem Einzelhandel ist die erfolgreiche Nachfolgerin seit ihrer Kindheit verbunden, denn bereits als Schülerin arbeitete sie mit Begeisterung im elterlichen Ladengeschäft mit. „Ich mag vor allem den Kontakt zu den Kundinnen und Kunden und die vielfältigen Beratungsgespräche – das ist mir während des Lockdowns besonders aufgefallen. Ein reiner Bürojob wäre nichts für mich.“

Die Leidenschaft für den Beruf erkannte auch der damalige Inhaber der Buchhandlung und erkundigte sich bei der Angestellten, ob sie sich eine Übernahme des Geschäfts nach seinem Renteneintritt vorstellen könne. So begann die erste Auseinandersetzung mit dem Thema Nachfolge für Silke Speckmann, welche sich im April 2019 konkretisierte und sich in Form von Verhandlungen und Gesprächen bis in den Herbst 2019 hineinzog. Für einen Schritt wie diesen, eine optimale Zeitspanne. Die Gründerinnenagentur des Bundes empfiehlt, bereits bis zu einem Jahr vor der Übergabe in die Planungen einzusteigen.

Um sich optimal auf die Übernahme vorzubereiten, besuchte Silke Speckmann zudem Seminare. „Um einen Überblick über alle zu bedenkenden Schritte zu erhalten und um mich mit anderen Buchhändlern auszutauschen, die ebenfalls ein Geschäft übernehmen wollten“, erklärt sie. Auch ihr Mann konnte ihr aufgrund seines beruflichen Hintergrundes bei vielen Fragen helfen. Gemeinsam nahmen die beiden eine Beratung für Existenzgründer und Existenzgründerinnen bei der Pro-Wirtschaft GT wahr und suchten früh den Kontakt zu einem Steuerberater.

„Durch all diese Unterstützungsmöglichkeiten habe ich mich gut vorbereitet gefühlt“, resümiert die heutige Inhaberin. Zudem stand der frühere Geschäftsführer weiterhin mit wichtigen Informationen bzgl. des Geschäfts für die reibungsglose Übernahme zur Verfügung. So fühlte sich die Buchhändlerin, die den Trubel in der von Laufkundschaft geprägten Buchhandlung in der Sparkassen-Passage sehr genießt, besonders gut informiert. „Die Übernahme hat sehr gut geklappt, obwohl die Vorbereitungen neben dem Weihnachtsgeschäft im Dezember schon recht anstrengend waren“, erzählt sie. Doch ihr Planungsgeschick und Organisationstalent kamen ihr während dieser Zeit zugute und tragen noch heute dazu bei, dass sie Selbständigkeit und Familie sicher unter einen Hut bekommt. Und der Erfolg gibt ihr Recht.

Trotz des jungen Bestehens hat Silke Speckmann es bereits durch die Etablierung kreativer Angebote durch die erste Corona-bedingte Krise geschafft. Auch der Rollenwechsel von der Kollegin zur Chefin verlief positiv. Sie konnte alle Angestellten übernehmen und freut sich, sich immer auf ihr Team verlassen zu können. „Natürlich trage ich jetzt mehr Verantwortung und muss Entscheidungen treffen, aber genau das macht mir Spaß und ich habe die Entscheidung das Geschäft zu übernehmen trotz Corona bis heute nicht bereut“, fasst sie ihren Weg in die Selbständigkeit zusammen. Die Buchhändlerin hat durch ihre Übernahme nicht nur dazu beigetragen ein beliebtes Geschäft, sondern auch vier Arbeitsplätze im Kreis Gütersloh zu erhalten. Weibliche Nachfolge ist erfolgreich.

Das Interview führte Anna-Lena Lütke-Börding vom Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL anlässlich des Nationalen Aktionstags zur Unternehmensnachfolge durch Frauen am 21. Juni 2020.

Die heimischen Wirtschaftsförderungen, sowie die Startercenter der Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammer in Ostwestfalen sind wichtige Ratgeber in Prozessen der Gründung und Übernahme. Sie stehen allen Bürgerinnen und Bürgern kostenlos zur Verfügung.

„Die beste berufliche Entscheidung meines Lebens.“ So beschreibt die Friseurmeisterin Nicole Gronemeyer die Übernahme ihres ehemaligen Ausbildungsbetriebs am 1. Januar 2017. Der Weg dorthin gleicht einem Wettlauf mit der Zeit.

Nachdem die Friseurin neun Jahre lang in ihrem Ausbildungsbetrieb in Lage arbeitete, wechselte sie von 2011 bis 2014 in einen anderen Salon. Dort wollte sie weitere Berufserfahrung und neue Eindrücke sammeln. 2014 holte ihre ehemalige Ausbilderin die zweifache Mutter Nicole Gronemeyer jedoch wieder zurück in ihren Salon. Sie war erkrankt und wollte für eine gute Nachfolge sorgen. Nicole Gronemeyer war ihre erste Wahl. „Meine ehemalige Chefin, die Vorbesitzerin meines heutigen Salons, und ich, hatten immer ein sehr gutes Verhältnis zueinander“, erklärt sie das gegenseitige Vertrauen. Ein Grund, weshalb die Nachfolgerin sich für den Schritt zur Übernahme des Salons entschied.

Nicole Gronemeyer musste allerdings erst noch ihre Meisterschule beenden, um überhaupt die Berechtigung zur Übernahme des Salons zu erhalten. Neben ihrer Vollzeittätigkeit und der Versorgung ihrer beiden Kinder, besuchte die belastbare Friseurin und alleinerziehende Mutter also auch noch die Meisterschule. „Ich wollte mich schon länger selbständig machen, aber erst kamen die Kinder. Da sich nun aber eine einmalige Gelegenheit bot, setzte ich alles daran, die Chance auch wahrnehmen zu können“, erzählt sie.

Im Juni 2015 verstarb ihre ehemalige Ausbilderin und Inhaberin des zu übergebenden Salons. Die Erben drängten jedoch darauf, dass Nicole Gronemeyer den Salon samt Immobilie zum 1. Januar 2017 übernehmen sollte. „Meine größte Sorge dabei war, ob ich die Meisterprüfung noch vor dem Zeitpunkt der gewünschten Übernahme schaffen würde“, erinnert sich die Friseurmeisterin.

So legte sie Nachtschichten ein, nahm Nachhilfe und konnte ihre Meisterprüfung dann sogar vorziehen. „Das war alles 'just in time'“, berichtet sie. „Ich nahm bereits Anfang 2016 Kontakt zur Handwerkskammer auf. Sie halfen mir bei der Konzepterstellung und bei der Beantragung von Krediten und Förderungen“, berichtet sie. Trotzdem ein Kraftakt, den die alleinerziehende Mutter mit Bravour meisterte. Und was sie mit „just in time“ meint, erklärt die Chronologie der Ereignisse: Im Oktober 2016 erhielt sie die Finanzierungszusage der Sparkasse, am 12. Dezember 2016 legte sie erfolgreich ihre Meisterprüfung ab, am 28. Dezember 2016 unterschrieb sie den Kaufvertrag für die Immobilie und am 1. Januar 2017 übernahm sie schließlich offiziell den Salon.

Bei all diesen Herausforderungen nahm sie Unterstützungsleistungen von der Betriebsberatung der Handwerkskammer, einer Arbeitsrechtlerin und einem Steuerberater in Anspruch. „Ich habe mich so sehr gut vorbereitet gefühlt“, erklärt sie. Die Übernahme ging schlussendlich reibungslos vonstatten und für Nicole Gronemeyer war es „die beste berufliche Entscheidung“ ihres Lebens. „Ich bereue das keine Minute“, bekräftigt die selbständige Friseurmeisterin.

„Ich freue mich, dass ich als Inhaberin all meine Ideen umsetzen und meine Kreativität frei ausleben kann“, schildert sie die Freude an ihrer neuen Rolle. „Außerdem sind alle Kunden geblieben. Wir haben sogar 60 % Neukunden bekommen.“ Das führt die Inhaberin neben der Qualität ihrer Angebote auch auf die Neugestaltung der Räumlichkeiten zurück.

Nicole Gronemeyer konnte durch ihren mutigen Schritt alle der damaligen vier Arbeitsplätze erhalten und zusätzlich einen Ausbildungsplatz schaffen. Fortbildungen sind der energiegeladenen Inhaberin noch heute sehr wichtig. „Ich habe mittlerweile die Qualifikation 'GOLD' beim 'Calligraphy Cut' und bilde auch meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hierin aus.“ Und Gold hätte sie auch so verdient, für ihren meisterlichen Wettlauf um die Nachfolge.

Das Interview führte Anna-Lena Lütke-Börding vom Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL

Info: Die heimischen Wirtschaftsförderungen, sowie die Startercenter der Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammer in Ostwestfalen sind wichtige Ratgeber in Prozessen der Gründung und Übernahme. Sie stehen allen Bürgerinnen und Bürgern kostenlos zur Verfügung.

„Irgendwann findet sich der richtige Weg, wenn man es wirklich will.“ Friederike Welpinghus ist Konditormeisterin in familiärer Tradition. Am 1. Januar 2017 übernimmt sie die Konditorei & Bäckerei Welpinghus GmbH in Borgholzhausen von ihrem Vater. „Die Übernahme verlief relativ spontan,“ erzählt sie. Im Juli 2016 begann sie die Ausbildung im eigenen Betrieb und bereits im Januar des Folgejahres übernahm sie die Konditorei. Bis Januar 2018 war Friederike Welpinghus also Auszubildende und Chefin zugleich. Eine herausfordernde Kombination: „Schaffe ich das alles, werde ich von allen Mitarbeitenden ernst genommen?“ Diese Fragen beschäftigten die junge Chefin damals sehr. Vier Jahre später hat sich das Verhältnis zu den insgesamt 24 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch zur Kundschaft positiv entwickelt: „Je länger man es macht, desto sicherer wird man und strahlt es auch aus. Die Kommunikation mit den Mitarbeitenden hat sich auch verbessert. Auch das braucht seine Zeit, da sie es von meinem Vater anders gewöhnt waren. Mittlerweile sind wir als Team eingespielt“, verrät sie.

Um die kurzfristige Übernahme so gut wie möglich zu vollziehen, haben Handwerkskammer und Innung eine Betriebsbewertung im Jahr 2016 vorgenommen. Auch ein Steuerberater und ein Unternehmensberater standen der Familie mit Rat und Tat zur Seite. Die Übernahme verlief dann reibungslos und auf das Grundlegende fühlte sich die neue Inhaberin gut vorbereitet. „Allerdings kann man sich nicht auf alles vorbereiten und dann muss man lernen situationsbedingt zu handeln - quasi learning by doing“, beschreibt sie den Prozess. Trotzdem ist es genau diese kurzfristige Planung, die die Verwirklichung dieser Übernahme begünstigt hat. „Es war sehr gut, dass die Übernahme nicht zu lange geplant war, da ich es sonst vielleicht nicht gemacht hätte. Dass die Übernahme dann auch tatsächlich so zeitnah vollzogen wurde, war ebenfalls ein Vorteil, denn somit war klar, dass ich die Chefin bin und die Entscheidungen treffe und verantwortlich bin“, resümiert die Konditormeisterin ihre damalige innere Haltung. Immer neue Motivation findet die junge Chefin zudem in ihrem eigenen Anspruch jeden Tag tolle Produkte herzustellen, welche die Kunden schätzen und gerne mögen.

Rückblickend ist die heutige Inhaberin sehr zufrieden mit der Übernahme: „Ich würde es immer wieder machen, allerdings auch mit der vorherigen Laufbahn, da es mir sehr geholfen hat, Erfahrung als Angestellte zu haben und heute auch als Chefin aus diesem Blickwinkel schauen zu können.“ Ihre Erfahrungen aus einer anderen Branche und ihren Quereinstieg sieht sie als Bereicherung an. Zudem betont sie den positiven Effekt der Freiwilligkeit der Übernahme, ohne familiären Zwang, der maßgeblich zu ihrer positiven Grundeinstellung beigetragen hat.

Anderen Frauen, die eine Übernahme anstreben, rät sie, sich im Vorfeld bewusst zu machen, dass der Schritt in die Übernahme auch die Aufgabe von Freiheiten und Freizeit mit sich bringt, welche man als Arbeitnehmerin ganz selbstverständlich hätte. „Sich vorher ausreichend zu informieren finde ich sehr wichtig. Sich erkundigen, wie man die Übernahme am geschicktesten für beide Seiten gestaltet und sich bewusst zu machen, dass es innerhalb der Familie zu Generationenkonflikten kommen kann, die einen vielleicht manchmal zweifeln lassen, ob das alles so richtig war.“ Aber trotz möglicher Bedenken ist sich Friederike Welpinghus bei einem ganz sicher: „Irgendwann findet sich der richtige Weg, wenn man es wirklich will und aus Fehlern kann man nur lernen.“

Mit 27 Jahren hat Sophia Schütze bereits 27 Angestellte. Seit August 2020 wird sie kontinuierlich auf die baldige Übernahme des väterlichen Betriebes vorbereitet. Die Privat-Brauerei Hohenfelde GmbH ist bereits seit mehreren Generationen in Familienbesitz. „Die Brauerei war schon immer Bestandteil der Alltagswirklichkeit von meiner Schwester und mir“, erzählt sie. Nun steht die familieninterne Übergabe an. Für Sophia Schützes Schwester kam die Übernahme nicht in Frage, daher war schnell klar, dass Sophia Schütze die Brauerei übernehmen würde. „Ich habe mein Bachelor- und Masterstudium der Betriebswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster mit Auslandsaufenthalten an der Athens University of Economics and Business sowie an der Universität St. Gallen (HSG) absolviert. Ich fühlte mich fachlich dadurch sehr gut vorbereitet“, erklärt sie ihre Gefühle zu Beginn der Entscheidung.

Für den Übernahmeprozess hat die Familie eine Zeitspanne von 12-20 Monaten eingeplant. In dieser Zeit würde ihr Vater eine gemeinsame Einarbeitungsphase betreuen. „Da ich das Glück hatte, eine sehr gute Ausbildung durchlaufen zu können und sich mir während des Studiums immer wieder die Möglichkeit bot, praktische Erfahrungen zu sammeln, habe ich mich insgesamt gut vorbereitet gefühlt auf meine neuen Aufgaben als baldige Inhaberin“, resümiert die Nachfolgerin. „Trotzdem war mir bewusst, dass ich erst einmal viel lernen muss und jeder Tag neue Herausforderungen mit sich bringt.“

Für Sophia Schütze sind nicht nur die Zahlen wichtig, sondern in besonderem Maße auch eine offene und ehrliche Gesprächskultur. Umso glücklicher war sie, als sie bereits nach wenigen Wochen das Gefühl hatte, dass das Team zu 100 % hinter ihr steht. „Das motiviert mich immer wieder aufs Neue“, freut sie sich über das ihr entgegen gebrachte Vertrauen. „Sowohl unternehmensintern als auch im Familien- und Freundeskreis spreche ich immer wieder aktiv über die Themen, die mich bewegen.“ Und genau das scheint ihr bei der erfolgreichen Übernahme sehr zu helfen und auch ihre Angestellten zu motivieren.

„Meine unstillbare Neugier, unser Team, unsere Kunden und potenziellen Kunden, meine pure Begeisterung für unsere regionalen Produkte und die vielen neuen Herausforderungen, denen ich tagtäglich begegne, treiben mich in meinem Job an.“ Aber vor allem merkt die Nachfolgerin, dass sie jeden Tag dazulernt und ihr der Übernahmeprozess die Möglichkeit bietet, sich stetig weiterzuentwickeln und zu wachsen - sowohl beruflich als auch privat. „Meines Erachtens sind Neugierde und Mut, gepaart mit Kompetenz, Reflektion, Selbstwirksamkeit, Positivität und Authentizität, die wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Nachfolge.“ Und sie fügt hinzu, dass man sich niemals davor scheuen sollte, sich bei offenen Fragen, Unklarheiten oder Bedenken Hilfe bzw. Unterstützung zu suchen. Anderen Nachfolgerinnen gibt sie mit: „Bleibt neugierig und mutig.“

Anja Kruse Schäfer liebt ihr Unternehmen und führt es nach dem Credo des ehrbaren Unternehmertums: Weitsicht, Werte und ein guter Umgang mit Mitarbeitenden stehen für sie mit an erster Stelle.

Im Jahr 2001 stieg die Industriekauffrau offiziell als Geschäftsführerin in das Maschinenbauunternehmen ihres Vaters im ostwestfälischen Schloß-Holte-Stukenbrock ein. Der Weg in die Übernahme der TEKAWE GmbH, verlief fließend. Anja Kruse wuchs bereits mit dem Unternehmen ihres Vaters auf. "Die Übernahme wurde nicht genau geplant, ich wurde vielmehr ins kalte Wasser geworfen", beschreibt sie den Ablauf der Übernahme. Auf dem Weg zur Übernahme griff sie auf den Austausch mit den Wirtschaftsjunioren zurück, nahm Beratungsangebote der Industrie - und Handelskammer in Anspruch und wendete sich regelmäßig an einen Mentor. "Gut vorbereitet fühlte sie sich zu Beginn jedoch trotzdem nicht. Ich hatte vorher noch keine Erfahrung mit Führungsaufgaben und wollte eigentlich erst in anderen Unternehmen oder im Ausland Erfahrungen sammeln."

"Auch die Aufteilung der Aufgaben zwischen meinem Vater und mir war nicht immer klar und für die Mitarbeiter transparent", erklärte die Industriekauffrau. Daher befasste sie sich vorrangig mit strukturellen Themen und Abläufen in der Firma, eignete sich dann viele wichtige Fähigkeiten bei der täglichen Arbeit an, recherchierte, besuchte Workshops und tauschte sich mit anderen unternehmerisch erfahrenen Menschen aus. "Das und viele Gespräche und Diskussionen mit meinem Vater führten dann letztlich zu einer für alle positiv verlaufenden Übernahme", erklärt sie den Prozess. Ansonsten hat Anja Kruse aber mit einer Hands-On Mentalität vieles einfach gemacht, wie sie es für richtig hielt. Ihr innerer Antrieb bei ihrer Arbeit liegt besonders darin, das von ihrem Vater gegründete Unternehmen erfolgreich weiterzuführen. "Bei meiner Tätigkeit spornen mich besonders die abwechslungsreichen Aufgaben an. Ich kann nicht nur Strukturen schaffen und weiterentwickeln, sondern auch mich selbst weiterentwickeln und an meinen Schwächen arbeiten."

Rückblickend ist die Unternehmerin sehr zufrieden mit ihrer Nachfolge, auch wenn sie sich eine andere Ausbildung gewünscht hätte oder gerne noch Erfahrungen in anderen Unternehmen oder im Ausland gesammelt hätte vor ihrer Übernahme. "Eine etwas bessere Vorbereitung und einen weiteren technischen Part an meiner Seite hätte ich mir schon allerdings gewünscht", erklärt die für mittlerweile 20 Angestellte verantwortliche Nachfolgerin. Zukünftig hat Anja Kruse vor, die Geschäftsführung künftig um einen für die technischen Bereiche des Unternehmens zuständigen Part zu erweitern.

Durch all die verschiedenen Herausforderungen und Erfahrungen im Übernahmeprozess hat Anja Kruse zudem konkrete Ratschläge für Frauen, die eine Übernahme planen: "Eine Nachfolgerin sollte sich am besten im Vorfeld umfassend informieren und Austauschmöglichkeiten oder sogar einen Mentor suchen. Das bringt manchmal mehr als eine gute theoretische Ausbildung. Frauen sollten sich auch, gerade wenn sie Unternehmen von Männern oder aus Männer-dominierten Branchen übernehmen, mit der unterschiedlichen Wirkung und Führungsweise auseinandersetzen." Anja Kruse Schäfer ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass eine Nachfolgerin durch die proaktive Auseinandersetzung mit sich und den neuen Aufgaben eine Übernahme erfolgreich vollziehen kann, auch wenn sie sich zu Beginn nicht optimal vorbereitet fühlt. Der Sprung ins kalte Wasser wurde somit nicht zuletzt durch die wertvollen Grundeinstellungen der Nachfolgerin zu einem erfolgreichen Sprung ins kalte Wasser.

Mit 36 Jahren übernahm die gelernte Verwaltungsfachangestellte Meike Thias im Dezember 2020 den elterlichen Hof in Borgholzhausen. Nun ist sie neben ihrer Tätigkeit im öffentlichen Dienst auch Landwirtin im Nebenerwerb. „Ich bin hier auf dem Hof groß geworden und war schon seit kleinauf bei Wind und Wetter draußen und habe bei allen anfallenden Arbeiten unterstützt.“ Ihre Eltern führten den Hof damals bereits ebenfalls jahrelang im Nebenerwerb. Zu den Tätigkeiten gehörte unter anderem die Haltung einer kleinen Mutterkuhherde, sowie die Erzeugung von Futtermitteln der eigenen Flächen. Dieses Konzept soll auch zukünftig weitergeführt werden.

Die Planungen zur offiziellen Übernahme des Hofes begannen im Jahr 2018. im Folgejahr wurden dann gemeinsam mit der Familie Informationen zusammengetragen und auch andere Höfe mit Legehennenhaltung besucht, um sich einen Überblick über die Möglichkeiten dieser Nutztierhaltung zu verschaffen. „Für mich steht das Tierwohl an erster Stelle. Daher habe ich mich dazu entschlossen den Hühnern einen Mobilstall als neues Zuhause zu ermöglichen“, erklärt die junge Landwirtin. „Ein mobiler Stall wird regelmäßig auf der Wiese versetzt. Dadurch haben die Hühner ständig frisches Gras vor ihrer Haustür“, ergänzt sie. Ein weiterer Vorteil durch das Versetzen des Stalls sei die Schonung der Grasnarbe. Die Hinterlassenschaften der Ladys, wie Meike Thias ihre Legehennen liebevoll nennt, sind nicht unerheblich und durch regelmäßiges Verziehen wird eine Überdüngung der Fläche sowie eine Verunreinigung des Grundwassers vermieden. Für die zuvor beweidete Fläche ist es ein optimaler Dünger und das Gras kann wieder wachsen.

Ein verantwortungsvoller Umgang mit den Tieren und der Natur sind für die junge Nachfolgerin ein wichtiger Maßstab ihrer Arbeit. Dabei beschäftigt sie sich allerdings auch mit Fragen zur Vermarktungsform der Erzeugnisse oder der Strukturierung des Arbeitspensums. „Wenn man sich für dieses Gebiet entscheidet ist meiner Meinung nach eine Schulung, sowie Gespräche mit anderen Haltern und evtl. noch die Hinzuziehung diverser Fachliteratur unumgänglich“, konstatiert die Landwirtin. Sie selbst besuchte daher im Jahr 2020 einen Intensivlehrgang über Legehennenhaltung bei der Landwirtschaftskammer. „Diese Veranstaltung war einfach nur lehrreich, hat mich in meinem Vorhaben bestärkt und mir auch ein wenig Angst genommen. Denn wenn man knapp 350 Junghennen erwartet, sollte man dieses wirklich nicht unterschätzen. Einige Hürden habe ich bereits jetzt gemeistert und lerne jeden Tag dazu“, erklärt sie ihren optimistischen und nachhaltigen Ansatz der Vorbereitung auf ihre neuen Aufgaben.

Mittlerweile sind in das weitläufige Hühnerareal auch zwei Zwergziegen (Sissi & Franz) eingezogen. Diese sind allerdings nicht Teil eines geplanten Streichelzoos, sondern erfüllen einen ganz konkreten Nutzen: Sie sollen helfen Greifvögel abzuwehren. „Denn Ziegen sind von Natur aus sehr neugierig und sollte sich ein Vogel mal zu nah ins Gehege verirren, denken Ziegen gleich an einen Spielkameraden und preschen gleich auf diesen zu. Der Angreifer wird somit vertrieben“, erläutert Meike Thias das nutzbringende Verhalten der zwei neuen Mitbewohner bzw. Mitbewohnerinnen. Bei der Vermarktung der Eier entschloss sich Thias für den Verkauf in einem neu erbauten Lädchen direkt am Hof. Hier finden Kundinnen und Kunden neben den hofeigenen Eiern auch einige andere regionale Erzeugnisse wie ausgewählten Honig, Kartoffeln, Nudeln oder Grillfleisch. Auch bei den zugekauften Produkten achtet Meike Thias auf Regionalität, Haltungs- und Anbauweise.

Das Eierhäuschen ist täglich von 8 bis 19 Uhr geöffnet. Die Kundschaft kann hereinspazieren und sich selbst bedienen. „Mein Ziel ist es nicht Supermärkte mit unseren Eiern zu beliefern. Irgendwie soll es auch was Besonderes bleiben, noch Freude machen und den Besuchern ein Lächeln ins Gesicht zaubern“, lächelt sie und ist vollkommen zufrieden mit der Übernahme des Hofes. Hier findet sie einen einen Ausgleich zu ihrem Büroalltag in der Natur und bei den Tieren. „Natürlich ist es arbeitsintensiv und gerade jetzt, in der Gründungsphase muss man auf einige Sachen im privaten Bereich verzichten. Das war mir bewusst und ich mache es gern. Denn nahezu täglich werde ich beim Anblick der zufriedenen Tiere für so manche Mühen entschädigt und bin zufrieden und glücklich meinen elterlichen Hof in dieser Art und Weise weiterführen zu können“, erklärt sie ihre Gefühle in Hinblick auf die Übernahme, die auch besonders durch die Unterstützung ihrer Familie so gut funktioniert hat.

„Wo genau die Reise hingeht? Ich werde mich ein Stück weit selbst überraschen lassen. Ich bin jedoch absolut positivgestimmt was die Zukunft angeht.“ Eine inspirierende Nachfolgerin, deren Hof nicht nur bei Facebook unter „CleverLandeier“ zu finden ist.

© Foto: Stefanie Dowe

„Um mich zu verwirklichen, musste ich mich selbständig machen.“ Mit 16 Jahren startete Stefanie Dowe ihre dreijährige Ausbildung zur Augenoptikerin in einem traditionsreichen Fachgeschäft in Herford. Den Bezug zum Augenoptikerberuf bekam sie sehr früh, da ihre Mutter mit ihr seit dem Kindergartenalter zum Optiker ging. „Um nicht länger die Auszubildende im Betrieb zu bleiben“ erklärt sie, wechselte sie nach ihrer Ausbildung zu einem anderen traditionellen Optikerfachgeschäft in Bünde. „Dort konnte ich mich nicht gut ins Team integrieren und ich klopfte nach ein paar Monaten bei meinem Ausbildungsbetrieb an die Tür“, erzählt die heutige Augenoptikermeisterin und Geschäftsführerin von zwei Optikerfachgeschäften. Das Optikerfachgeschäft hatte allerdings nur eine Halbtagsstelle frei, die sie trotzdem annahm. Da sie aber schon recht früh auf eigenen Beinen stand, reichte eine Halbtagsstelle nicht aus und sie arbeitete nebenbei als 450-Euro-Kraft an der Kasse eines Lebensmittelhändlers. Nach anderthalb Jahren konnte sie dann endlich bei ihrem ehemaligen Ausbildungsbetrieb auf Vollzeit aufstocken. Den 450 Euro Job behielt die geschäftstüchtige Optikerin aber noch weitere vier Monate lang.

Ein paar Jahre später begann die zu dem Zeitpunkt 24 Jahre alte Stefanie Dowe, dann ihre Meisterausbildung in Teilzeit. „In dieser Ausbildung erlernte ich so viel mehr und erweiterte meinen Horizont, was alles möglich war. Ich war motiviert, wollte dieses Wissen anwenden und umzusetzen“, erinnert sie sich noch lebendig. „Ich kam dann zu dem Entschluss, um mich zu verwirklichen, musste ich mich selbstständig machen.“

Stefanie Dowe begann im Internet zu recherchieren und schlug in Fachzeitschriften nach, um herauszufinden, ob im Umkreis Augenoptikerfachgeschäfte zu verkaufen wären. Doch erst auf der Internetseite der Augenoptikerinnung wurde sie fündig. Sie nahm dann Kontakt zu einer Unternehmensberatung auf. „Von dem Tag an ging alles ziemlich schnell“, sagt sie. Sie fühlte sich dort in guten Händen und hatte immer einen Ansprechpartner an ihrer Seite. Die Innung teilte ihr mit, welche Geschäfte damals zum Verkauf standen.

Im nächsten Schritt musste die Optikermeisterin sich die zum Verkauf stehenden Geschäfte ansehen und sich entscheiden welches Geschäft sie künftig ihr Eigen nennen wollte. Nachdem sie ein Geschäft fand, dass ihr zusagte, lernte sie im nächsten Schritt die damalige Inhaberin kennen. „Ich versuchte dann alles über das Geschäft und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Erfahrung zu bringen“, erzählt sie. Und die Informationen überzeugten Stefanie Dowe. Also begann sie, sich über die Finanzierung und mögliche Fördermittel zu informieren. „Ich wandte mich an die Außenstelle der Betriebsberatung der Handwerkskammer in Detmold, um die Meistergründungsprämie zu beantragen und ging zu der Bank meines Vertrauens“, beschreibt sie die nötigen Schritte zur Finanzierung ihres Traums vom eigenen Optikergeschäft. Mit dieser Hilfe konnte sie die Geschäftsübernahme schließlich umsetzen.

Anderthalb Jahre nach Stefanie Dowes Meisterausbildung war es dann soweit. Sie war Geschäftsführerin von „Stärker Sehen“ in Bad Salzuflen und im Kalletal. „Am 01.08.2018 begann für mich somit eine neue Aufgabe“, berichtet sie nicht ohne Stolz. „Von der Idee bis zur Übernahme dauerte es nur acht Monate, was rückwirkend betrachtet ein Schnelldurchlauf gewesen ist“, konstatiert sie. Heute würde sie sich etwas mehr Zeit nehmen. Doch durch den Rückhalt von Familie und Freunden hatte sie trotz des Schnelldurchlaufs keine Sorgen: „Ich wusste von Anfang an, wenn ich es möchte ist alles möglich.“ Die heutige Inhaberin fühlte sich durch die genannten Anlaufstellen im gesamten Übernahmeprozess gut vorbereitet und beraten.

Auch heute ist Stefanie Dowe noch immer hoch motiviert, sich und ihr Geschäft weiter zu entwickeln. „Ich möchte noch mehr verwirklichen. Es ist noch lange nicht alles umgesetzt, was ich mir vorgenommen habe. Ich möchte mit meinem fünfköpfigen, großartigen Team immer weiter wachsen. Wir haben schon unsere neuen Ziele definiert und planen die Umsetzung.“ Worte einer außergewöhnlich engagierten Unternehmerin.

Rückblickend war die Übernahme und der damit verbundene Schritt in die Selbständigkeit laut Stefanie Dowe die beste Entscheidung. „Ich habe jetzt die Freiheiten, die ich vorher vermisst habe und den Rückhalt, den ich brauche“, erklärt sie. Die Freiheit, das ist das Schönste für die ambitionierte Unternehmerin. Dabei genießt die Optikermeisterin auch die Beratung und den Bezug zu den Menschen im Ort.

Stefanie Dowe empfiehlt anderen Frauen, die sich vorstellen können ein Geschäft zu übernehmen, die Hilfe von den Kammern, Steuerberatern, Freunden, und Familie anzunehmen und sich einen Unternehmensberater zu suchen. Und sie hält noch einen besonderen Tipp parat: „Versucht vieles gelassen zu sehen, denn alles andere bringt euch nicht immer weiter. Hört auf das was ihr wollt und glaubt daran, dann kann man alles schaffen.“

Für Stefanie Dowe ist ihr Traum in Erfüllung gegangen. „Ich bin viel motivierter und glücklicher“, resümiert sie und ist dadurch auch ein motivierendes Beispiel für andere Frauen – denn erfolgreiche Nachfolge ist weiblich!

Das Interview führte Anna-Lena Lütke-Börding vom Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL

Info: Die heimischen Wirtschaftsförderungen, sowie die Startercenter der Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammer in Ostwestfalen sind wichtige Ratgeber in Prozessen der Gründung und Übernahme. Sie stehen allen Bürgerinnen und Bürgern kostenlos zur Verfügung.

© Norma Bopp-Strecker- Studio Hirschmeier

„Im Jahr 2005 habe ich das Unternehmen Hochbau Detert gemeinsam mit meinem verstorbenen Mann gekauft. Nach seinem Tod 2011 hat dann quasi eine weitere Übernahme stattgefunden“, beginnt Norma Bopp-Strecker, geschäftsführende Gesellschafterin der Firma Hochbau Detert in Bielefeld, mit der Schilderung der bewegenden Geschichte ihrer Unternehmensübernahme. Das Ehepaar übernahm die Firma 2005 von einem Freund der Familie, der bereits einige Jahre versuchte eine geeignete Nachfolge sicher zu stellen. Vom ersten Kontakt bis zur tatsächlichen Übergabe verging genau ein Jahr. „Aus heutiger Sicht ist das sportlich“, resümiert die Diplom-Wirtschaftsingenieurin: „Wir haben damals in Süddeutschland gelebt und waren bereits mit einem kleinen Unternehmen selbstständig. Gerne wollten wir in unserem Bereich schneller größer werden und haben angefangen uns nach zum Verkauf stehenden Unternehmen umzusehen.“

Die Suche nach einem geeigneten Unternehmen zog sich dann rund anderthalb Jahre hin. In dieser Zeit sortierte das Paar zahlreiche Unternehmen aus, die nicht für eine Übernahme in Frage kamen. Doch die Suche wurde letztlich von Erfolg gekrönt. Schnell wurde das Ehepaar sich mit dem damaligen Eigentümer der Firma Detert einig. Mit Unterstützung von Steuerberatern und der Einbindung der Handwerkskammer wurden gemeinsam Bilanzen analysiert, ein Verkaufswert ermittelt und verhandelt. Als diese Maßnahmen abgeschlossen waren, arbeitete das Paar zeitweise bereits im neuen Unternehmen mit, um die Abläufe kennenzulernen. „Inhaltlich waren wir so gut vorbereitet, wie es nur ging. Es gab aber viele Faktoren, auf die wir damals nur bedingt Einfluss hatten: Wie wird sich die Kundschaft verhalten, wie die Mitarbeitenden? Wir waren damals noch sehr jung – würde man uns diese Aufgabe zutrauen?“ Diese und andere Fragen bewegten die Übernehmenden damals. „Zudem befand sich zu dem Zeitpunkt die Baubrache in einer wirtschaftlich sehr schwierigen Lage“, ergänzt Norma Bopp-Strecker. Obwohl das Paar nicht wusste wann der Negativtrend sich wenden würde, wagten sie den Sprung ins kalte Wasser.

Nicht unüblich bei der Übernahme waren die finanziellen Sorgen, gerade in der Anfangszeit: „Der Kauf der Firma musste durch den Erfolg des Unternehmens bezahlt werden“, berichtet die Unternehmerin. Doch besonders belastende Umstände kamen noch hinzu: „Schlimm ist damals gewesen, dass mein Mann schon kurz nach dem Kauf sehr krank wurde. Die Frage, ob ich mir die Führung des Unternehmens allein zutraue und letztendlich das Unternehmen so aufzubauen, das das auch funktioniert, hat uns sehr bewegt“, berichtet die Unternehmerin. Trotzt dieses Schicksalsschlags ist Norma Bopp-Strecker mutig und zielstrebig ihren Weg weiter gegangen. „Die Freude eigenverantwortlich zu handeln, gestalten zu können und erfolgreich zu sein treibt mich Tag für Tag an“, beschreibt die Geschäftsführerin ihre dauerhafte Motivation und Leidenschaft für ihre berufliche Tätigkeit.

Norma Bopp-Strecker ist heute rückblickend mit der Übernahme des Unternehmens Hochbau Detert absolut zufrieden, besonders über die gute Zusammenarbeit mit den Vorbesitzern freut sie sich: „Unsere Übernahme ist sehr partnerschaftlich verlaufen und die Alteigentümer sind mir noch heute ein guter Ratgeber! Erst vor einigen Tagen saßen wir zusammen und haben die Übernehme vor nun schon 16 Jahren zusammen gefeiert“, berichtet sie lächelnd. Dennoch erkennt sie in der Rückschau auch den starken Mut, der dem Schritt inne wohnte, den sie früher so noch gar nicht erkennen konnte, wie sie sagt: „Heute, durch viele Erfahrungen um einiges risikobewusster und erfahrener, weiß ich das anders einzuordnen. Es ist aber die absolut richtige Entscheidung gewesen. Glück hat da natürlich auch dazu gehört!“ ergänzt sie.

Heute führt die gestandene Unternehmerin 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Anzahl der Belegschaft wurde seit der Übernahme verdreifacht. „Allerdings arbeiten wir seit damals  auch ganz anders. Wir bedienen uns zahlreicher Nachunternehmer für Arbeiten, die das Unternehmen vor 20 Jahren noch selbst ausgeführt hat“, schildert sie den heutigen unternehmerischen Alltag. Auch die Rolle der Geschäftsführerin hat sich über die Jahre verändert: „Ich habe viele Erfahrungen gesammelt - positive wie negative - und habe dadurch ein anderes Standing in meiner Position entwickelt“, erklärt sie ihre unternehmerische und persönliche Entwicklung und fügt hinzu: „Heute wirft mich nichts mehr so leicht aus der Bahn.“

Anderen Frauen rät sie bei einer Geschäftsübernahme zu Mut und Risikobereitschaft: „Ganz wichtig ist eine Fehlertoleranz. Ich denke, dass es Männern leichter fällt Fehler zu machen und weiterzumachen. Ich weiß heute: Aus Fehlern habe ich das meiste gelernt!“ Mit diesen Worten gibt Norma Bopp-Strecker anderen Frauen nicht nur Mut, sondern auch eine gute Portion Gelassenheit mit auf den Weg in die eigene Selbstständigkeit.

Lisa Valentin-Kalisch ist seit 2016 Geschäftsführerin des Tischlereibetriebes Valentin in Höxter. Als ausgebildete Tischlereigesellin, Betriebswirtin des Handwerks und studierte Innenarchitektin brachte sie die perfekten Voraussetzungen mit, um den elterlichen Betrieb im Bereich Tischlerei und Ladenbau erfolgreich weiter zu führen. „Seit 2012 bin ich im Betrieb tätig und habe den Betrieb dann Schritt für Schritt von meinem Vater übernommen“, schildert sie ihren betrieblichen Werdegang, der dann 2016 in der offiziellen Übernahme des Betriebes mündete. Dabei konnte sie auf vielfältige Unterstützung zurückgreifen. „Die Expertise meines Vaters, Creativ-Partner Treffen, Führungskräfte-Training, Übergabegespräche mit der Handwerkskammer. Das alles hat mir sehr geholfen auf dem Weg zur Betriebsübernahme“, erklärt die heutige Inhaberin. „Dabei entstand die Idee zur Übernahme bereits im Teenageralter, die letztendliche Entscheidung fiel dann jedoch während meines Studiums der Innenarchitektur“, schildert sie den Entscheidungsprozess.

Was die Vorbereitung auf die neuen Aufgaben und die neue Rolle angeht, steht die Geschäftsführerin dem Thema flexibel gegenüber: „Ich habe mich so gut vorbereitet gefühlt, wie es eben geht. So eine Aufgabe steht immer im Wandel und die Aufgaben sind nie gleich. Ich versuche nicht stehen zu bleiben und bilde mich ständig weiter. Durch meinen Vater fühle ich mich auch in kniffligen Situationen gut begleitet“, erklärt sie. Sorge, dass sie den gewaltigen Aufgaben nicht gewachsen sein könnte, plagten die junge Nachfolgerin allerding auch kurze Zeit: „Diese verkopfte Einstellung habe ich aber schnell wieder abgelegt und mir versucht nicht schon vorher zu große Gedanken zu machen. Sondern erst, wenn eine Situation anstand. Dann habe ich mich mit der Lösung oder dem Umgang mit einem Problem befasst. Vieles löst sich von selbst und oft sollte man einfach auf seinen Bauch hören“, rät sie auch anderen Nachfolgerinnen.

Zusätzlich zieht die Chefin von 21 Angestellten auch sehr viel aus ihrem Beruf, der ihr viel Spaß macht. Dies hört man auch aus ihren Worten heraus: „Es ist nicht nur Arbeit, es ist mein Zuhause, denn hier bin ich groß geworden. Ich kenne jeden Winkel und bin bereit mich dementsprechend einzusetzen.“ In die Rolle als Chefin und Inhaberin hat sich die erfolgreiche Nachfolgerin sehr gut eingefunden, sodass sie immer mehr und mehr zur Hauptansprechpartnerin wurde und heute, wie sie sagt, “fest im Sattel“ sitzt. „Das ist jedoch auch echte Arbeit gewesen, denn gerade als Frau steht die Fachkompetenz ganz klar an oberster Stelle“, fügt sie hinzu.   

Bei ihrer Übernahme lobt die Geschäftsführerin vor allem den Umgang zwischen sich und ihrem Vater. Dabei merkt sie an, dass es sicher nicht einfach ist, den eigenen Betrieb abzugeben. Umso glücklicher ist sie über den positiven Verlauf der Übernahme. „Wir haben immer gemeinsame Termine gemacht, ob Steuerberater oder Anwalt. Dazu pflegen wir einen offenen und ehrlichen Umgang miteinander, so gab es keinen Platz für Missverständnisse oder Unausgesprochenes“, resümiert sie den positiven Verlauf. Auch rückblickend steht Frau Valentin-Kalsich voll hinter ihrer Übernahme. Bei so viel wertvollen Erfahrungen rät sie anderen Nachfolgerinnen: „Zu wissen was im schlimmsten Fall passieren kann und die Gewissheit haben, dass man damit umgehen kann, nimmt einem die Angst. Und dann einfach mutig sein und machen.“