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Portrait – Vom Praktikum bis in die Geschäftsführung

Jasmin Schröer (31) ist gebürtige Bielefelderin und seit gut drei Jahren Teil der dreiköpfigen Geschäftsführung der OEDIV KG, einer Tochtergesellschaft der Oetker-Gruppe. In ihrer Rolle bildet sie die Schnittstelle zwischen Vertrieb und Betrieb. Das mittelständische Unternehmen agiert als „Architekt der IT“ für andere Unternehmen.  

Nach einem dualen Studium mit verschiedenen Praxispartnern entdeckte sie zu ihrer eigenen Überraschung ihre Leidenschaft für den Sales-Bereich. Direkt nach dem Studium begann sie ihre Laufbahn bei der OEDIV KG – ohne zu ahnen, wohin sie diese Reise führen würde. Mit Begeisterung und Ausdauer nahm sie jede neue Herausforderung an und wuchs so Schritt für Schritt in Führungsverantwortung hinein.

Auf ihrem Weg hat sie viel gelernt, besonders die Bedeutung von Selbstreflexion und Authentizität. Beides ist für sie unerlässlich, wenn es um den Aufbau von Beziehungen und um erfolgreiches Netzwerken geht. Die Schnelllebigkeit der IT-Branche empfindet sie dabei als stetige Herausforderung, die zugleich ihren Reiz ausmacht. Für sie steht fest: Selbstreflexion und Anpassungsfähigkeit sind in dieser Branche – und insbesondere in ihrer Position – entscheidende Erfolgsfaktoren.

 

Wie sieht ein typischer Tag bei dir aus?

Das kann ich gar nicht genau definieren. Wir versuchen, ihn zu strukturieren, aber das funktioniert nicht immer. Ich starte gerne um fünf Uhr in den Tag, damit ich zwei Stunden in Ruhe nur für mich habe. Danach dreht sich bei mir viel um Kundenkontakte, strategische Meetings, Marktanalysen und Netzwerkaufbau. Ich bin viel unterwegs, bespreche mit dem Kollegium Themen wie Transformation und Change-Management, und natürlich landen auch ab und an Eskalationen auf meinem Tisch. Jeder Tag bringt neue Situationen. Genau das macht den Job so interessant

 

Wusstest du immer schon, dass du in diese Richtung gehen willst?

Nein. Zunächst habe ich BWL studiert, bin dann aber zur Wirtschaftsinformatik gewechselt. Das Logische daran hat mir immer schon Spaß gemacht. Mein Studium war dual, allerdings ohne festes Partnerunternehmen. Das ist eher ungewöhnlich und war auch finanziell herausfordernd, da ich mein Studium selbst finanziert habe. Mir war es wichtig, in verschiedene Branchen und Bereiche reinschnuppern zu können. Irgendwann bin ich im Sales-Bereich der OEDIV KG gelandet. Zu meiner eigenen Überraschung habe ich darin meine Leidenschaft entdeckt. Direkt nach meinem Abschluss habe ich hier angefangen. Dass ich einmal Geschäftsführerin werden würde, hätte ich nie gedacht. Ich hatte einfach Spaß an der Sache, und dann haben sich immer wieder Türen geöffnet.

 

Der Sales-Bereich lebt von Beziehungsaufbau und Netzwerken. Das fällt vielen eher schwer. Wie machst du das?

Ich bin überzeugt: Netzwerk schadet nur dem, der keins hat. Die verschiedenen Perspektiven sind sehr bereichernd. Vertrieb ist für mich weit mehr als Methoden oder Techniken: Es ist eine Lebenseinstellung. Ich liebe es, mich in unterschiedliche Situationen zu begeben, mich in andere Strukturen hineinzudenken und Beziehungen aufzubauen. Immer wenn ich einen Raum zum ersten Mal betrete, muss ich die Dynamik neu erfassen. Ich lade meine Energie daraus, kommuniziere gerne – auch abends noch beim gemeinsamen Essen mit Kunden – und genieße die Vielfalt an Persönlichkeiten und Unternehmen, die ich hierüber kennenlernen darf. Authentizität ist entscheidend: Menschen merken sofort, ob man echt ist und nur so entsteht Vertrauen. Das ist das Fundament jeder erfolgreichen Zusammenarbeit.

 

Die IT-Branche ändert sich rasant. Wie gehst du mit dem Anpassungsdruck um?

Ja, die IT-Branche ist sehr schnelllebig und äußerst komplex. Natürlich habe ich mein Team, was mich unterstützt, und KI kann auch hilfreich sein. Man muss sich aber auch einfach darüber im Klaren sein, dass man nicht über alles informiert sein kann. Wir machen Pläne, aber die sind nie in Stein gemeißelt. Wir diskutieren, was wahrscheinlich am besten funktionieren wird, wägen Risiken ab und handeln dann entsprechend. Und klar, manchmal muss man den Kurs ändern und dabei die Mitarbeitenden und Kunden mitnehmen. Für mich ist das vor allem eine Frage des Mindsets.

 

Das hört sich herausfordernd an…

Das ist es auch. Als Geschäftsführung tragen wir Verantwortung für rund 600 Mitarbeitende und deren Familien. Es gibt Tage, an denen ein Softwarehersteller für Chaos sorgt und die Kunden nervös macht. Dann denkt man nur: Gerade habe ich alles in die richtige Richtung gelenkt, und jetzt muss ich wieder umsteuern. Natürlich wünscht man sich dann manchmal eine ruhigere Phase, ein paar Monate ohne ständige Wendungen. Aber so ist die IT nun einmal: abwechslungsreich und unberechenbar. Genau das macht den Job so spannend und lebendig.

 

Was hilft dir in solchen Phasen?

Wenn mir mal die Decke auf den Kopf fällt, schnappe ich mir meinen Hund und gehe in den Wald. Das gibt mir Ruhe und Abstand. Dazu habe ich ein stabiles Umfeld: Mein Mann, meine Freunde und meine Familie sind immer für mich da. Ohne sie wären die letzten Jahre so nicht machbar gewesen.

Mit dem Wechsel in die Geschäftsführung musste ich auch persönlich wachsen. Die neue Rolle verlangt eine andere Perspektive und die passende Flughöhe. Dabei haben mir ein Coach und meine eigene Coaching-Ausbildung geholfen. Selbstreflexion ist unglaublich wichtig. Ein ehemaliger Kollege aus der Geschäftsführung hat immer gesagt: Indem du dich selbst veränderst und mit dir selbst klarer wirst, veränderst du automatisch dein Umfeld. Man kann andere Menschen nicht ändern. Wenn ich aber auf mich schaue, was ich vorlebe, dann hat das einen Effekt. Das versuche ich zu leben.

 

Fällt dir in Meetings manchmal auf, dass du eine junge Frau in einer männerdominierten Branche bist?

Natürlich gibt es hin und wieder einzelne ältere Herren, wie man sich das klischeehaft vorstellt. Insgesamt spielt das aber keine große Rolle. Im Gegenteil: Für die Dynamik ist es oft bereichernd, wenn eine gemischte Runde am Tisch sitzt. Das lässt sich natürlich nicht pauschalisieren, aber ich habe den Eindruck, dass wir Frauen zwischenmenschliche Signale eher erkennen. Diese unterschiedlichen Perspektiven besprechen wir anschließend im Team.

 

Warum lohnt es sich, Verantwortung zu übernehmen?

Verantwortung in einem Unternehmen zu übernehmen, bedeutet im Kern nichts anderes als das, was wir ohnehin tagtäglich tun, wenn wir Verantwortung für unser privates Leben übernehmen. Wir gestalten, nehmen Einfluss und treffen Entscheidungen. Natürlich ist es manchmal leichter, zu meckern, anstatt Dinge selbst anzupacken, aber aktiv zu gestalten ist eine ganz andere Hausnummer. Und genau darin liegt der spannende Teil: Mit jedem Schritt, den du selbst machst, lernst du, Verantwortung zu tragen und wirklich etwas zu bewegen.

 

Was motiviert dich jeden Tag aufzustehen und weiterzumachen?

Ich liebe dieses Unternehmen. Es ist für mich ein Stück Familie und Heimat. Ich komme einfach gerne hierher. Wir haben eine tolle Unternehmenskultur und unglaublich liebe, engagierte Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten darf. Mich motiviert auch der Kontakt zu Menschen generell – einfach mal eine positive Rückmeldung zu bekommen: Der Kunde ist happy, wir haben gute Arbeit geleistet. Und natürlich der Gestaltungsspielraum! Ich bin jemand, der gerne Entscheidungen trifft. Das macht Spaß, weil wir etwas bewegen können.

Klar, wir heilen damit keine 40 Krankheiten oder leisten medizinische Wunder – aber wir sorgen dafür, dass andere ihren Job machen können. Zum Beispiel, dass morgens Lebensmittel in den Regalen liegen. Und vielleicht unterstützen wir dabei wiederum Menschen, die in anderen Bereichen Gutes bewirken.

 

Was würdest du jungen Frauen raten, die zögern, Führungsverantwortung zu übernehmen?

Es klingt einfacher, als es ist, aber seid neugierig und mutig! Das sind die beiden wichtigsten Punkte. Hört auf zu zweifeln. Macht es einfach! Wenn ihr den Schritt geht, merkt ihr schnell, dass es ein Job wie jeder andere ist, bei dem ihr eure Kompetenzen weiterentwickeln könnt. Außerdem, was ist schon das Schlimmste, was passieren könnte? Ihr habt nichts zu verlieren. Sucht euch außerdem eine Sparringspartnerin, sei es im Mentoring oder Coaching. Der Austausch ist unglaublich wertvoll. Und ganz wichtig: Bleibt authentisch und lebt euer eigenes Wertesystem!

 

Das Interview führte Kim Lasche, Projektmanagerin im Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL.

ECHT-Reihe "Bielefelder Frauen in der Wirtschaft"