Vielseitig, flexibel, immer erreichbar: Die digitale Kundenschnittstelle
„Die Erfahrungen in den Workshops, mit den Teilnehmern im direkten Kontakt; dieses Gefühl von: Hier entsteht gerade etwas, die Leute nehmen etwas mit - das sind die Momente, in denen ich mir denke: Dafür mach ich’s.“
Robin Kruse leitet beim Innovationsnetzwerk InnoZent OWL das Projekt Digital.Verbunden. 2019 war Digital.Verbunden. mit dem Ziel an den Start gegangen, kleine und mittlere Unternehmen in OstWestfalenLippe dazu zu ermutigen, auch auf digitalem Wege Kontakt zu ihren Kunden zu halten. Die Vorteile einer digitalen Kundenstrategie sind vielfältig und decken ein breites Spektrum möglicher Anwendungsfälle ab: Von der Reichweitenerhöhung durch Social Selling und Ads, zum klassischen Webshop über virtuelle Showrooms bis hin zu Wartungs- und Reparaturangeboten, bei dem ein Servicemitarbeiter dem Kundenunternehmen per Augmented oder Virtual Reality-Brille aus der Ferne zugeschaltet wird und so Anweisungen gibt. So entfallen etwa Anfahrtszeiten und -kosten. Das ideale Ergebnis: digitale Möglichkeiten erleichtern die Kundenbeziehung - und zwar an jedem Punkt der Customer Journey.
Trotz des großen Potenzials für Vertriebs-, Service- und Marketingaktivitäten ist das Maß, zu dem mittelständische Unternehmen in OstWestfalenLippe digital mit ihren Kunden verbunden sind, nach wie vor eher überschaubar. Zwar geben 2021 93% der Unternehmen in OWL an, dass digitale Kundenschnittstellen für sie eine eher große oder große Rolle spielen. Digitale Kontaktmöglichkeiten, die über Website, E-Mail und Social Media hinausgehen, haben trotzdem nur knapp die Hälfte der befragten Betriebe im Einsatz. Für Robin Kruse liegt das an der Ungewissheit, inwiefern sich die Neuausrichtung aufs Digitale für ein Unternehmen lohnt: „Das Problem ist, dass man sich eine digitale Identität schaffen muss, und das ist nicht mit ein paar Klicks getan – du musst die ganze Zeit dranbleiben. Und es ist zu Anfang nicht ersichtlich, was das überhaupt bringt. Da erscheinen andere Investitionen, wie Beispielsweise in die Modernisierung des Maschinenparks, auf den ersten Blick zielführender.“ Weitläufig bekannte Beispiele wie Amazon und Facebook zeigten zwar, dass sich mit digitalen Kundenschnittstellen potenziell Milliarden scheffeln ließen. An greifbaren Beispielen aus der eigenen Blase, der eigenen Branche oder dem näheren Unternehmensumfeld mangele es jedoch meist, so Kruse.
„Wir verstehen uns als Lotsen: Worauf muss man achten, was sind erste Schritte, bei denen wir begleiten können, um dann sagen zu können: In diese Richtung sollte es weitergehen.“
An diesem Punkt setzen die Angebote von Digital.Verbunden. an. Interessierte Firmen können bei Workshops, Pilotprojekten und anderen Formaten herausfinden, ob und wo digitale Kundenschnittstellen für das jeweilige Unternehmen in Frage kommen. So haben die Projektmitarbeiter:innen und Expert:innen die nur schwer überblickbaren, technologischen Möglichkeiten auf den Boden der Praxis geholt und für die regionale Wirtschaft greifbar gemacht. Seit Oktober 2019 konnten in knapp 60 durchgeführten Fachvorträgen, Erfahrungsaustauschgruppen und Workshops mit Unternehmen etwa 630 Teilnehmer:innen erreicht werden. Neben vielen positiven Beispielen wurde im Laufe des Projektes aber auch klar, dass das Interesse am und der Einsatz für das Thema ausbaufähig sind: „Es sind deutlich mehr Leute, die wieder abspringen, als die, die wirklich am Ball bleiben. Ich glaube, da geht es dann oft erstmal nur um das Gefühl, sich informiert zu haben und die Relevanz für das eigene Unternehmen einschätzen zu können.“ Auch die Corona-Krise – eigentlich im Ruf, ein großer Treiber beim Ausbau digitaler Fähigkeiten zu sein – habe hier nur zu kleinen Schritten in die richtige Richtung geführt. Videokonferenztools wie Zoom und Teams seien zwar mittlerweile in weiten Teilen der Wirtschaft angekommen – im Vergleich zu prä-Corona-Zeiten ein Plus von 28% – darüber hinaus ist aber nach wie vor wenig passiert.
„Diejenigen, die erkannt haben, dass sie etwas ändern wollen, die aber noch nicht wissen, wie.“
Robin Kruse hebt hervor: „Mit motivierten Leuten erreicht man am meisten, die sieht man öfter, die kommen wieder und treiben die Dinge bei sich intern vorwärts. Das macht Spaß und führt einem vor Augen, was wir mit unserem Projekt bewirken konnten und, dass das Thema hochaktuell und relevant ist.“ Besonders hoch im Kurs standen in Coronazeiten Veranstaltungen rund um den Einsatz von digitalen Kundenschnittstellen zur Neukundenakquise, so Kruse. Gerade hier hatte die Pandemie besonders hart zugeschlagen: Gesetzte Jahreshöhepunkte wie Messen, im Mittelstand oft zentrale Hebel für die Kundengewinnung, mussten ausfallen; die so verlorenen Kontakte auf anderen Wegen wieder eingeholt werden. Die Themen der Stunde: Digitales Marketing und digitaler Vertrieb. In Digital.Verbunden. haben Unternehmensvertreter:innen einen Partner gefunden, um diese Felder zu erkunden und Know-How zu gewinnen. So konnten Betriebe etwa niedrigschwellig Kontakte zu Expert:innen und anderen Unternehmen knüpfen, die mit ähnlichen Interessen vor vergleichbaren Herausforderungen stehen.
Dieser Netzwerkaspekt spiegelt sich für Robin Kruse auch in der Organisation des Projekts wider: "Ohne unsere Partner wäre das Projekt nicht möglich gewesen. Wir binden über unsere Partner Kompetenzen ein, die wir selber nicht haben, und stellen sie interessierten Unternehmen zur Verfügung. Über die Zusammenarbeit sind wir auch immer wieder auf Ideen gekommen, auf die man selbst vielleicht gar nicht gekommen wäre.“ Zu dem mit rund 40 Partnern bemerkenswert breit aufgestellten Netzwerk von Digital.Verbunden. zählen IHKs und Wirtschaftsförderer genauso wie Unternehmen, die sich im Bereich der digitalen Kundenschnittstellen spezialisiert haben – sei es im Bereich Sales, Marketing oder Service. „Da haben wir quasi genau diesen Netzwerkgedanken vorgelebt, den wir auch nach außen tragen wollen.“
Optimistischer Ausblick für die digitale Kundenschnittstelle
In diesem letzten Drittel des Projektes tut sich neben dem Blick in die Vergangenheit auch ein Fenster in die Zukunft auf: Die Projektmitarbeiter:innen haben sich über 2 Jahre hinweg in einem gewissen Kosmos bewegt, haben Kontakte geknüpft, Einschätzungen, Hoffnungen und Sorgen gehört. Gerade die Coronazeit war hier besonders eindrücklich. Robin Kruse wagt einen Ausblick, wie sein Thema sich entwickeln wird: „Dieser akute Schmerz, durch die Einschränkungen während der Pandemie keine Neukunden generieren zu können, wird wegfallen, sobald Messen wieder stattfinden und Kunden wieder besucht werden können. Dadurch wird das allgemeine Interesse am Thema nachlassen, da bin ich mir sicher. Wegzudenken ist es aber nicht mehr. Und spätestens, wenn man sich die Zahlen ansieht, wie viele Reisekosten man allein schon wegen Corona und dem Umstieg auf Videomeetings gespart hat, werden sich einige nochmal genauer ansehen, was sonst noch so möglich ist.“
Bezogen auf digitale Kundenschnittstellen wird es in Ostwestfalen-Lippe weiterhin große Unterschiede zwischen denen, die machen, denen, die wollen, und denen, die warten geben. Egal, in welcher Gruppe man sich befindet – Robin Kruse empfiehlt allen: „Über den eigenen Schatten springen, Fragen stellen, so viel wie möglich mit Experten und anderen Unternehmen austauschen und schnell in die Praxis kommen. So werden Inhouse-Kompetenzen aufgebaut, mit denen man auch Hilfsangebote von außen besser einschätzen und auf die eigenen Bedürfnisse anpassen kann. Das wichtigste ist aber, dem Thema den angemessenen Stellenwert einzuräumen“ – und dann kann es klappen mit den eigenen, digitalen Kundenschnittstellen.
Wirtschafts- und Digitalminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart lobt Pioniergeist in der Region.
Wie können wir den Wirtschaftsstandort OstWestfalenLippe fit für die Zukunft machen? Welche Unterstützung braucht der Mittelstand, um auch 2025 erfolgreich zu sein? Diese Fragen will die OstWestfalenLippe GmbH gemeinsam mit vielen Partnern in dem Projekt OstWestfalenLippe 2025 angehen. Herausforderungen und erste Ansätze wurden am 30. November auf dem Digitalgipfel OWL 2020 diskutiert. Wichtige Handlungsfelder sind Innovation, Bildung, Gründung und digitale Infrastruktur. Industrie, Bauwirtschaft und Gesundheitswesen werden auch zukünftig die wichtigsten Branchen mit einer hohen Beschäftigungswirkung sein. In diesen Handlungsfeldern und Branchen sollen in einem breiten Beteiligungsprozess neue Angebote entwickelt werden. NRW Wirtschafts- und Digitalminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart lobt den Pioniergeist und die Kooperationskultur in OWL. Und sieht viele Synergien für die Umsetzung der Digitalstrategie des Landes.
OstWestfalenLippe ist bei der digitalen Transformation der Wirtschaft gut aufgestellt. Rudolf Delius, stellvertretender Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der OstWestfalenLippe GmbH erläutert: „Mit dem Spitzencluster it´s OWL, der REGIONALE 2022 „UrbanLand OWL“, der digitalen Modellregion und der Initiative OWL 4.0 bündeln Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung ihre Kräfte. Gemeinsam erarbeiten sie Lösungen und Unterstützungsangebote für den Mittelstand. Auf dieser Grundlage wollen wir mit dem Projekt OWL 2025 neue Ansätze für die Regionalentwicklung der Zukunft auf den Weg bringen. Dafür braucht es neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftsförderungseinrichtungen, Kammern, Hochschulen, Bildungseinrichtungen, Gebietskörperschaften und weiteren Organisationen.“
Wirtschafts- und Digitalminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart sieht Ostwestfalen-Lippe als wichtigen Treiber für die Umsetzung der Digitalstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen: „Digital aufgestellt zu sein ist von zentraler Bedeutung für die wirtschaftliche Schlagkraft einer Region. Ostwestfalen-Lippe zeigt, wie es gehen kann: Durch Verknüpfung wichtiger Themen wie Innovation, Bildung, Gründung und digitale Infrastruktur entwirft das Projekt OWL 2025 neue Ansätze für eine zukunftsorientierte Regionalentwicklung.“
Trends analysieren und Herausforderungen identifizieren
Im Rahmen des Projekts wird untersucht, wie sich gesellschaftliche Megatrends wie demographischer Wandel, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Wertewandel auf die Wirtschaft auswirken. Dazu werden Branchenstudien ausgewertet und zahlreiche Expertengespräche und Workshops durchgeführt. Innovation, Bildung, Gründung und digitale Infrastruktur kristallisieren sich dabei als wichtige Handlungsfelder heraus. Industrie, Bauen und Gesundheit sind und bleiben auch zukünftig die wichtigsten Branchen für OWL. In diesen Querschnittsthemen und Wertschöpfungsketten werden gemeinsam mit Experten und Partnern Handlungsempfehlungen herausgearbeitet.
Auf dem Digitalgipfel diskutierten Expertinnen und Experten aus den Bereichen Industrie, Bauen, Gesundheit und Bildung mögliche Ansätze für OWL: Prof. Dr. Roman Dumitrescu (Geschäftsführer des Spitzenclusters it´s OWL und Direktor am Fraunhofer IEM), Jan-Hendrik Goldbeck (Geschäftsführender Gesellschafter von Goldbeck), Prof. Dr. Claudia Hornberg (Gründungsdekanin der Medizinischen Fakultät OWL) und Manuela Kupsch (Leiterin des Eigenbetriebs Schulen und Vorstand im Innovationszentrum Berufliche Bildung OWL).
Vom Innovationsverbund über 5G-Leuchttürme bis zu Quantentechnologien
Für die weitere Arbeit ergeben sich vielfältige Anknüpfungspunkte. Erste Ansätze sind: Durch einen Innovationsverbund OWL sollen beispielsweise Unterstützungsangebote für den Mittelstand gebündelt, intensiviert und erweitert werden. Dabei geht es auch darum, Start-ups und Digitalunternehmen einzubinden und neue Instrumente für die Innovationsunterstützung zu entwickeln. Darüber hinaus soll OWL als Modellregion für die digitale Transformation der beruflichen Bildung weiter entwickelt werden, in der neue Ansätze des digitalen Lernens und der ortsnahen Beschulung im ländlichen Raum angegangen werden. Um den Unternehmen auch zukünftig eine optimale digitale Infrastruktur zu bieten, sollen Anwendungsfelder für den neuen Mobilfunkstandard 5G in den Bereichen Industrie, Bildung, Gesundheit, Mobilität und Smart City erforscht werden. Und in Leuchtturmprojekten die Infrastruktur dafür aufgebaut werden. Indem die Einsatzmöglichkeiten von Quantentechnologien erforscht werden, können wichtige Impulse für die Zukunftsfähigkeit der Industrie entstehen. Robotik und Building Information Modelling sich wichtige Themen für die Bauwirtschaft, die in OWL gemeinsam angegangen werden sollen. Darüber hinaus wollen die Akteure einen virtuellen Marktplatz für digitale Lösungen im Baugewerbe aufbauen. Und last but not least bietet die medizinische Fakultät OWL hervorragende Möglichkeiten für die Gesundheitswirtschaft in OWL.
Wolfgang Marquard, Prokurist der OstWestfalenLippe GmbH erläutert: „In den Expertengesprächen und Workshops entstehen viele gute Ideen, die wir jetzt gemeinsam mit den vielen Partnern in der Region konkretisieren wollen. Darauf aufbauend wollen wir 2021 eine Strategie für die wirtschaftsorientierte Regionalentwicklung der Zukunft erarbeiten.“
Diskutierten neue Ansätze für die Regionalentwicklung der Zukunft (v.l.n.r.): Jan-Hendrik Goldbeck (Geschäftsführender Gesellschafter von Goldbeck), Manuela Kupsch (Leiterin des Eigenbetriebs Schulen und Vorstand im Innovationszentrum Berufliche Bildung OWL), Wolfgang Marquardt (Prokurist OstWestfalenLippe GmbH), Prof. Dr. Claudia Hornberg (Gründungsdekanin der Medizinischen Fakultät OWL), Rudolf Delius (stellvertretender Vorsitzender Gesellschafterversammlung OWL GmbH), Thomas Seim (Chefredakteur Neue Westfälische) und Günter Korder (Geschäftsführer des Spitzenclusters it´s OWL). Foto: OWL GmbH, M. Adamski