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Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL 26.03.2019

Gender 4.0 – Chancen und/ oder Risiken der digitalisierten Arbeitswelt für Frauen im Rathaus der Stadt Bielefeld

Am 22. Februar 2019 nahmen ca. 45 Personen aus  Wirtschaft, Wissenschaft und Politik an der Veranstaltung „Gender 4.0 – Chancen und/ oder Risiken der digitalisierten Arbeitswelt für Frauen“ im Rathaus der Stadt Bielefeld teil.

In ihrem Impulsvortrag „Arbeit muss zum Leben passen“ referierte Annelie Buntenbach, Bundesvorstand DGB, die Position des DGB zu den Veränderungen der Arbeitswelt durch die Digitalisierung insbesondere im Hinblick auf Arbeitszeitregelungen. In einer  Beschäftigtenumfrage wurden 4900 Frauen und 4700 Männern im Jahr 2016 nach dem Grad und den Folgen der Digitalisierung befragt und wie dies von den Beschäftigten in ihrem Berufsalltag empfunden wird. Die Ergebnisse wurden insbesondere aus der Perspektive weiblicher Beschäftigter ausgewertet. Sie zeigen, dass Frauen im Vergleich zu männlichen Beschäftigten sich in einigen Bereichen häufiger mit negativen Auswirkungen der Digitalisierung konfrontiert sehen, wohingegen Frauen und Männer in anderen Bereichen gleichermaßen von der Digitalisierung profitieren.

Die wichtigsten Ergebnisse in Kürze:

  • Über die Hälfte der befragten Frauen arbeitet mit digitalen Technologien (56%).
  • Höher qualifizierte Frauen (32%) arbeiten häufiger mit digitaler Technik als geringqualifizierte Frauen (78%). Geringqualifizierte Frauen (32%) arbeiten viel seltener mit neuen Technologien als geringqualifizierte Männer (58%).
  • Im Organisationbereich der IG BCE sind Frauen am stärksten von digitaler Arbeit betroffen (77%), im Bereich der NGG (32%) am wenigsten.
  • Für Frauen und Männer werden die Entscheidungsspielräume durch den Einsatz digitaler Techniken etwas größer (26% / 29%), für wenige aber auch geringer (13% / 13%).
  • Für einige Frauen und Männer verbessert sich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch den Einsatz digitaler Technologien etwas (22% / 22%), für die meisten bleibt sie unverändert (66% / 67%).
  • Frauen haben seltener als Männer die Möglichkeit, den Einsatz digitaler Techniken zu beeinflussen (69% / 79%).
  • Digitales Arbeiten führt bei Frauen etwas häufiger als bei Männern zu mehr Arbeitsbelastung (52% / 47%).
  • Frauen fühlen sich digitaler Techniken häufig und öfter als Männer ausgeliefert (52% / 43%).

Die Möglichkeiten, durch flexible Arbeitszeiten und –orte eine bessere Work-Life-Balance, insbesondere eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen, seien natürlich bekannt und scheinen oft verlockend. Trotzdem neigten Frauen – in höherem Maße als Männer – eher dazu, sich unter diesen Rahmenbedingungen selbst auszubeuten und zu selten Grenzen zu setzen. Das Problem der Vereinbarkeit würde dadurch wieder „privatisiert“ und unsichtbar gemacht. Buntenbach betont daher, dass es zum Schutze von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern notwendig sei, auch weiterhin Arbeitszeitgesetze aufrechtzuerhalten. Nicht zuletzt auch zum Schutze der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die keine starke Verhandlungsposition gegenüber ihren Vorgesetzten haben. Eine Aufweichung des Arbeitsrechts in diesem Sinne lehnt sie strikt ab.

Für Prof.‘in Dr.‘in Ellena Werning von der Fachhochschule des Mittelstandes in Bielefeld hingegen stehen die positiven Möglichkeiten gerade in Bezug auf eine Entgrenzung von Arbeitszeit und –ort im Vordergrund. Sie nutze diese alle zu ihrem Vorteil und sieht Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Lage, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und durchzusetzen. Gleichwohl räumt sie ein, dass sie als Lehrende an einer Hochschule dies sicherlich aus einer „Luxusposition“ heraus erlebe und ein so hoher Grad von Selbstbestimmung nicht verallgemeinerbar sei.

Michaela Evans vom Institut für Arbeit und Technik in Gelsenkirchen fokussierte mehr auf Aspekte der technischen Nutzung von Digitalisierung in Bezug auf Organisation und Ablauf des Arbeitsalltags. Die Skepsis oder gar Angst vor neuer Technologie und deren tatsächlichem Nutzen für die Arbeit könne insbesondere durch frühzeitige Einbeziehung der Beschäftigten abgebaut werden. Als Beispiel führte sie das Unternehmen Thyssen-Krupp an, wo Arbeitsabläufe im Wartungsbereich von Maschinen digital unterstützt werden sollten. Mit einer kleinen Gruppe der Beschäftigten, die diese Technik später verwenden sollten, wurden in einem Pilotprojekt verschiedene Medien ausprobiert, in dem Falle u.a. Datenbrillen (VR-Brillen) und Tablets. Im täglichen Umgang wurde schnell deutlich, dass es sehr unangenehm war, den ganzen Tag eine Datenbrille zu tragen, sodass die Wahl auf die Tablets als neues Mittel fiel, um die Wartungen und Reparaturprozesse zu dokumentieren, sodass gewisse Schritte auf dem Weg zur Problembeseitigung von den jeweils diensthabenden Technikern nicht wiederholt werden mussten und viel Zeit gespart werden konnte.

Auch technische Hilfsmittel bei der Planung von Diensten etwa im Pflegebereich können die Planung für alle Beteiligten nicht nur erheblich erleichtern, sondern auch zu einem effizienten Personaleinsatz beitragen.

Für einen größeren Beitrag von Frauen zum Prozess der Digitalisierung der Arbeitswelt plädiert Prof.‘in Dr.‘in Swetlana Franken von der Fachhochschule Bielefeld. Damit zielt sie zum einen darauf ab, dass die Absolventinnen oft bessere Abschlüsse haben und von daher fachlich besonders qualifiziert sind für Führungspositionen. Auch aufgrund ihrer persönlichen Voraussetzungen und ihrer anderen Art zu kommunizieren, sei es wichtig, mehr Frauen in Führungspositionen zu haben, denn nur so könne die Diversität auf allen Ebenen gesichert werden, was bekanntlich zum Unternehmenserfolg beitrage. Die steigenden Zahlen immerhin von jüngeren Frauen in den Führungsriegen sieht sie als eine ermutigende und zukunftsweisende Entwicklung an.

Gleichwohl sieht sie die Notwendigkeit, dass auch mehr Frauen als Informatikerinnen, Ingenieurinnen usw. in der technischen Entwicklung des Digitalisierungsprozesses beteiligt werden. Zu oft wollten Frauen zwar die technischen Möglichkeiten nutzen, aber zu selten würden sie diese auch mitentwickeln. Diesen Bereich komplett den männlichen Technikern zu überlassen sei einerseits wirtschaftlich unklug. Darüber hinaus birgt dies die Gefahr, dass eine sinnvolle Weiterentwicklung zum Nutzen aller Beschäftigter oder gar der ganzen Gesellschaft nicht erfolgt, da ausschließlich eine männlichen Perspektive der Entwickler zu verzeichnen ist und weibliche Erfahrungen, Perspektiven und Ideen nicht genutzt werden können, um optimale Produkte zu entwickeln.

Die Veranstaltung war Teil des gemeinsamen Projekts „Mehr Frauen in Führung - so geht´s“ von Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL, WEGE Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft Bielefeld mbH und Gleichstellungsstelle der Stadt Bielefeld.

2019 02 22 VA Gender 4.0 Mitwirkende

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Foto: (v.l.n.r.) Christina Rouvray | Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL; Michaela Evans | Institut für Arbeit und Technik; Vera Wiehe | WEGE Bielefeld mbH; Prof.’in Dr.‘in Swetlana Franken | Fachhochschule Bielefeld; Ilse Buddemeier | Leiterin Gleichstellungsstelle der Stadt Bielefeld; Annelie Buntenbach | DGB Vorstand; Almut Rademacher | OWL Maschinenbau e.V.; Prof.‘in Dr.‘in Ellena Werning | Fachhochschule des Mittelstands.
Bildrechte: WEGE Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft Bielefeld mbH